Repertoire | Kontakt | Home |
*1970
Der am 17.5.1970 in Karlsruhe geborene Schneider durchlief zunächst an der
Pädagogischen Hochschule Karlsruhe eine Ausbildung zum Musiklehrer und studierte
anschließend Komposition in Mannheim bei Ulrich Leyendecker. Er erhielt mehrere
Preise und Auszeichnungen, so wurde seine Oper Das Kalkwerk nach Thomas
Bernhard beim Opernwettbewerb „Johann-
Der Titel seines 1995 geschriebenen Gitarrenstückes … je suis encore
un chêne … („ich bin noch immer eine Eiche“)
entstammt dem Gedicht Le chêne et le roseau von Jean Anouilh (1961), das
sich auf La Fontaines Fabel bezieht, wo eine Eiche und ein Schilfrohr darum streiten,
wer von beiden der Stärkere sei. Die Eiche beansprucht diesen Titel natürlich
für sich, aber nach einem Sturm liegt sie entwurzelt da, das biegsame Schilfrohr
dagegen überlebt. Während La Fontaines damit verbundene Botschaft recht
eindeutig ist, ist es bei Anouilh die sterbende Eiche, die das letzte Wort hat und
dem triumphierenden Schilfrohr in trotzigem, ungebeugtem Stolz entgegenhält:
„Aber ich bin immer noch eine Eiche!“
„Mit Stolz und Schmerz“ (so die Spielanweisung) beginnt denn auch das
Werk Schneiders, und nicht zuletzt beruht der Erfolg, den das Stück in Konzerten
immer wieder hat, auf der Unmittelbarkeit seiner Ausdruckskraft. Es wäre freilich
zu kurz gegriffen, das Stück allein auf seine emotionalen Qualitäten zu
reduzieren und die Kunstfertigkeit unbeachtet zu lassen, die im Hintergrund Struktur
und Form des Stückes mitgestaltet. So greifen beispielsweise zahlensymbolische
Elemente überall ordnend ein, wobei die Zahlen 5 und 7 (siehe Geburtsdatum)
eine dominierende Rolle spielen. Schon die Metronomangabe schreibt Viertel gleich
57 vor, in Takt 5 erklingt nach einer anfänglichen Dreiton-
Interessant ist es auch, die Entfaltung des Tonmaterials zu beobachten, die bewusst
konträr zu sonst in neueren Gitarrenwerken oft vorzufindenden Mustern verläuft:
Die leeren Saiten der Gitarre werden anfangs vollständig vermieden, das
eröffnende B ist überhaupt der ihrem
Auch Schneiders kurz nach dem Solowerk entstandene Kammermusik für
Sopran, Flöte, Gitarre und Schlagzeug bezeugt, wie wichtig dem Komponisten
neben unmittelbarer Wirkung zahlenbezogene Strukturierung und bewusste Disposition
des Tonvorrates sind. Der Komponist schreibt über diese Bruchstücke
nach einem Gedicht von Michael Bullock (so der Untertitel):
„Der Text des Gedichtes River in Reverse von Michael Bullock inspirierte
mich nicht nur zu direkten musikalischen Ereignissen, sondern auch zu Teilen des
formalen Aufbaus und der Materialwahl, die ich aus der Gedichtstruktur in die
Komposition übertrug. – Ein Beispiel wäre die zweite Strophe des
Gedichtes, in deren Zeilen sich abwechselnd mal acht, mal sieben Wörter befinden.
Der Mittelteil der Komposition weist insgesamt 56 Takte (8x7) auf, die in einem
7/8-
Andreas Grün
… je suis encore un chêne …
hrsg. v. Andreas Grün, Sikorski-
„Je suis encore un chêne“ verrät Empfindsamkeit
für ausdrucksstarke Melodik.
Kontakt | Home |